Meine Wanderschuhe von Merrell mit den richtigen Socken.

Die Sache mit der Schuhgrösse - oder: Warum man Pilgern glauben sollte

In Sachen Ausrüstung für Pilger oder Fernwanderer sind Schuhe und Rucksack wohl die zwei wichtigsten Gegenstände.

Und das mit dem Schuhkauf ist eine der peinlicheren Episoden in meinen Pilgervorbereitungen. Denn auch wenn ich die Erfahrungen anderer Pilger sehr ernst nehme und unheimlich gerne Tricks von Fernwanderern lese, so dachte ich an diesem Punkt tatsächlich, ich wüsste alles besser.

Aber so kann man sich täuschen!

Da ich ziemlich sicher bin, dass es an dem Punkt auch anderen so gehen könnte, lies diesen Text bitte unbedingt bis zum Schluss! Ist eine Herzensangelegenheit. Ehrlich!!!

Um eines vorweg zu schicken: Ich bin schon früher regelmässig auch grössere Strecken gegangen. Seit wir Buddy haben, gehe ich täglich etwa fünf Kilometer und immer mal wieder auch zehn oder fünfzehn Kilometer. Und ich habe auch einige Erfahrung mit Schuhen. 

Die Wanderschuhe von Meindl mag ich sehr: Die Dämpfung ist top, sie sind sehr bequem. Nur leider hielten sie mir jeweils nur knapp 700 Kilometer.

Mit den Treckingschuhen von Salomon ist es dasselbe: Sie sind ultrabequem, das Fussbett ist für meine Füsse wie eine zweite Haut und ich liebe die Schuhe wirklich. Nur: Nach etwa 500 Kilometer sind sie durch. Und zwar so richtig.

Die einzigen Schuhe, die mir wirklich länger hielten, waren ein Paar Merell-Schuhe, die ich vor ein paar Jahren mal in einem Ausverkauf erstanden hatte und die ich am Ende nicht nur wegwarf, weil die Sohle durch war, sondern weil sie einfach auseinanderfielen. Ich schreibe mir keine Distanzen auf, gehe aber davon aus, dass ich mit den Schuhen gegen 1'500 Kilometer gemacht hatte.

Aus diesem Grund - und auch, weil mir Bekannte die Schuhe von Merell empfahlen, ging ich recht selbstbewusst ins Schuhgeschäft, um meinen perfekten Pilgerschuh zu kaufen.

Mein Glück war, dass die Verkäuferin selber schon einige Fernwanderungen gemacht hatte.

Ich probierte mehrere Schuhe, unter anderem den Merell Moab 3 mid GTX und fand den grossartig. Leicht, griffig mit einem soliden, halbhohen Schaft - und er war wirklich bequem.

Nun ist es so, dass ich normalerweise auf kleinem Fuss lebe: Bei meinen Alltagsschuhen trage ich Grösse 40. Merell macht recht kleine Schuhe, deshalb ist hier per se schon eine Nummer mehr sinnvoll. Darum landete ich beim Anprobieren - mit meinen dicken Wandersocken natürlich - am Ende bei der Nummer 41.5. Und diese Grösse schien mir perfekt. Nicht zu eng, mit etwas Spiel, aber gutem Halt.

ABER:

Die Verkäuferin riet mir, noch den 42er zu probieren.

Naja: Sie erzählte mir glaubwürdig von ihren Erfahrungen auf Fernwanderwegen und dass da die Füsse grösser würden.

Deswegen folgte ich nach einigem Zögern ihrer Empfehlung und kaufte, nachdem sie mich mit Engelszungen dazu überredet hatte, auch tatsächlich den Schuh in der Grösse 42, obwohl er mir doch eher zu gross schien.

Spoiler: Zum Glück hab ich auf sie gehört! Füsse werden wirklich grösser!

Naja.

Zu Hause folgte dann die - zeitweilige - Ernüchterung: Der Schuh war wirklich zu gross. Beim ersten Gang mit Buddy spürte ich es vor allem bergab. Ich schwam regelrecht im Schuh. Er war bequem - zweifelsohne - aber für mein Gefühl einfach zu gross. Mit zwei Paar Socken ging es einigermassen, aber es war einfach nicht gut. Darum schimpfte ich nach 10 Tagen innerlich über die Verkäuferin und bestellte mir online eine Version in der Grösse 41.5. 

Wie beim Anprobieren passte das neue Paar perfekt und ich trug die Schuhe freudig auf meiner Wanderung auf dem Flösserweg.

Ich war stolz: Die Schuhe passten und mir war wohl damit.

So wohl, dass ich am selben Tag am Abend nochmal ein paar Kilometer mit Buddy ging.

Und da dachte ich zum ersten Mal: Ok - wow. Ganz schön eng!

Wohlverstanden: Keine Reibung oder Blasen oder so. Einfach ... eng!

Am nächsten Morgen wollte ich mit Buddy erneut zeitig los, stieg aus dem Bett, zog mich zügig an, packte Leine und Hund und wollte die Schuhe anziehen. Doch oh weh:

Die passgenauen Merell Moab 3 mid GTX Grösse 41.5, mit denen ich am Vortag gut 30 Kilometer problemlos gegangen war, waren ganz einfach zu eng. Wirklich. Nicht so, dass ich nicht reingekommen wäre. Aber einfach zu eng: Zu kurz und zu schmal. Meine Füsse waren tatsächlich grösser geworden. Und zwar so sehr, dass ich mir nicht hätte vorstellen können in den Schuhen eine grössere Strecke zu gehen.

Zum Glück hatte ich noch die Schuhe in der Grösse 42. Ich holte sie, stieg rein - und siehe da: Die Schuhe, mit denen ich vor ein paar Tagen noch wegen der zu grossen Grösse unzufrieden durch die Gegend wanderte, passten jetzt perfekt. Und zwar wirklich: Passgenau, bequem und genauso, wie die kleineren am Tag vorher. Kein Engegfühl, aber auch kein Schwimmen im Schuh.

Ich ging an jenem Tag erneut 20 Kilometer und am Folgetag nochmals 25 Kilometer. Beide Tage mit dem grossen Schuh. Ich hatte weder Druckstellen noch gab es Reibungsflächen im Schuh, er war einfach genau perfekt.

Fazit 1
Für Fernwanderungen müssten die Schuhe mindestens eine halbe Nummer grösser sein, als normal. Am ersten Tag darum lieber noch eine Socke mehr drüber ziehen. Ab dem zweiten Tag ist dann alles perfekt!

Fazit 2
Frage im Fachhandel, ob es Personal gibt, das schon mal eine Fernwanderung gemacht hat. Die Tipps sind unbezahlbar. Ich erfuhr durch die Verkäuferin beispielsweise auch, dass man egal, wie trocken es ist - auf Friedhöfen immer Trinkwasser findet. Ach: Und dass Mandeln Muskelkater vorbeugen sollen. (--> Hat da jemand Erfahrung?)

Die Schuhe mit der Grösse 41.5 stehen übrigens seit da im Schrank. Meine Füsse haben sich an die Grösse 42 gewöhnt. Mit ganz dünnen Socken wäre es mir in den kleineren Schuhen wohl, aber die grossen sind einfach besser.

 

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