Mit den Wanderschuhen ist es so eine Sache. Die Erwartung ist, dass einen die Schuhe durch die Welt tragen, die Füsse dabei problemlos alles meistern und - selbstverständlich alles trocken, bequem und weich.
Die Realität sieht aber völlig anders aus: Wenn man sich durch die Foren von Pilgern und Fernwanderern klickt, so ist das Leiden der Füsse omnipräsent.
Ich habe allergrössten Respekt vor all jenen Leuten, die mit üblen Blasen an den Füssen ihren Weg zu Ende gegangen sind. Ganz besonders ist mir der Bericht eines Pilgers in Erinnerung geblieben, der auf seiner Reise wegen zu kleiner Schuhe die Nägel beider grossen Zehen verlor. Ich mag mir gar nicht vorstellen, unter welchen Qualen dieser Mann seinen Weg vollendet hat...
Ich selber bin lange Zeit davon ausgegangen, dass jedes Paar neuer Schuhe erst mal ein paar Blasen verursacht. Doch das ist natürlich völliger Blödsinn. Dazu muss ich etwas ausholen.
Blasen entstehen, wenn sich die Verzahnung zwischen der Haut und dem darunterliegenden Fleisch löst und sich der Zwischenraum mit Flüssigkeit füllt. Diese Verzahnung ist grundsätzlich dazu gedacht, die Haut mit aller Kraft am Körper zu halten.
Damit sie sich löst, ist einiges an Fremdeinwirkung nötig. Insbesondere sehr viel Reibung. Diese Reibung entsteht dann, wenn der Schuh nicht wirklich zum Fuss passt - oder aber, wenn die Verhältnisse wirklich misslich sind. Einer der wichtigsten Faktoren hier ist Feuchtigkeit.
Die mit Abstand wichtigste Vorsorgemassnahme gegen Blasen und Druckstellen ist deshalb die Auswahl passender Schuhe.
Ich habe bereitsin einem früheren Post die 10 wichtigsten Punkte für einen erfolgreichen Kauf von Wanderschuhen aufgeschrieben, die du beachten solltest. Wenn du diese Punkte beachtest, ist schon vieles gut und die Wahrscheinlichkeit, dass du bei guten Verhältnissen auf ebenen, trockenen Wegen damit glücklich wirst, ist gross.
Um zu sehen, ob die Schuhe etwas taugen, solltest du trotzdem nichts überstürzen. Schuhe müssen eingelaufen werden. Das heisst: Bevor du dich auf die erste, wirklich grosse Wanderung begibst, geht du vorzugsweise mal etwa 50 Kilometer ohne extreme Belastung.
Doch der wahre Wert guter Wandrschuhe zeigt sich schon hier, beim Einlaufen. Und wenn du es forcieren willst, natürlich auch unter schwierigen Verhältnissen. Nach einigen eigenen Erfahrungen habe ich deshalb folgende Tipps für dich
Wanderschuhe gekauft? Mit diesen Tests findest du heraus, ob sie etwas taugen
Damit du erfährst, was deine Wanderschuhe taugen, lass dich während des Einlaufens auf folgende Experimente ein:
- Gehe möglichst zügig etwa fünf Kilometer am Stück. Hintergedanke dabei ist, dass bei hohem Tempo der Schweissausstoss auf dem Rist des Fusses sehr hoch ist. Dadurch hast du im Schuh in kurzer Zeit viel Feuchtigkeit. Falls du bereits nach fünf Kilometern Reibung oder Druck verspürst, solltest du hellhörig werden. Das kann böse ausgehen
- Falls der erste Test ohne Probleme von statten ging, plane eine Wanderung von etwa 15 bis 20 Kilometern.
Achte darauf, dass es in dieser Wanderung...- ...längere Abschnitte auf Asphaltstrassen gibt
Hintergrund: Hier lernst du die Dämpfung deiner Schuhe kennen. Bei Schuhen mit einer schwachen Dämpfung beginnen Füsse, Knie und Hüfte bald mal zu schmerzen - ...reichlich Steigungen gibt
Hintergrund: Du lernst, wie sich deine Schuhe unter Belastung anfühlen. - ...längere Abschnitte auf Trails gibt, also schmalen, unbefestigten Wegen
Hintergrund: Hier ist der Boden unregelmässig und schwierig. Dies ist mit den falschen Schuhen überaus ermüdend. Dieser Test zeigt dir, wie sich deine Füsse in schwierigem Gelände anfühen. - ...idealerweise gegen Ende der Wanderung einen langen, möglichst steilen Abstieg gibt - je länger desto besser
Hintergrund: Wenn dein Körper schon etwas müde ist, korrigiert er nicht mehr alles - es kommt umso mehr auf die Schuhe an. Gerade bei Wegen die steil abwärts führen, ist die Reibung der Füsse in den Schuhen sehr hoch. Wenn die Schuhe nicht gut passen und der Körper nicht mehr automatisch alles korrigiert, kommt die Passform der Schuhe wirklich zum Tragen
- ...längere Abschnitte auf Asphaltstrassen gibt
Wenn du die Punkte oben funktionierten und du deine neuen Wanderschuhe wirklich hardcore testen willst, dann warte auf einen Tag, an dem es so richtig regnet. Dann zieh die Schuhe an und mache folgende Tests:
- Suche dir stark abschüssige Strasse und marschiere zügig über einen Schachtdeckel. Wenn deine Schuhe auf den rutschigen, gusseisernen Deckel der Strassenschächte nicht ausreichend Halt bieten, wird dir der Halt auch in schwierigem Gelände fehlen.
- Gehe längere Zeit auf einer normalen Strasse durch den Regen. Die Schuhe sollten dicht genug sein, um auch eine halbe Stunde Regen auszuhalten, ohne, dass du gleich das Gefühl hast, in einem Schwimmbad zu stehen
- Wenn die Schuhe noch immer trocken sind, gehe durch einen grasbestandenen Weg. Das ist eigentlch der Killer für alle Schuhe - her bleibt keiner trocken. Dennoch gibt es Unterschiede. Wenn du bereits bei den ersten Schritten komplett nasse Füsse hast, sind die Schuhe wohl nicht ideal.
- Wenn die Schuhe nass sind, geh zurück. Zu Hause nimmst du die Einlegesohlen raus, lockerst die Schnürsenkel komplett und faltest die Lasche aus, so dass die Luft rein kann und stellst den Schuh auf die Ferse zum Trocknen. Gute Schuhe trocknen bei Raumtemperatur und normaler Luftfuechtigkeit in der Regel über Nacht gut aus.
Wichtig: Stelle deine Schuhe niemals auf eine Heizung, auch Skischutrockner sind verboten: Die Hitze löst die Verklebungen der Schuhe.
Wenn du nach all diesen Tests ein positives Fazit ziehen kannst und deine Füsse frei von Blasen und Druckstellen sind, hast du alles richtig gemacht. Deine Schuhe werden dir richtig Freude bereiten!